Zur Biologie des Seeadlers

Mötjensee Altvogel 2017 ASBMit seinem gelben Hakenschnabel und den geraden brettartigen Flügeln ist der adulte Seeadler am Himmel gut zu erkennen.
Foto: Andreas Schulz-Benick

Der Seeadler (Haliaeetus albicilla) ist der größte einheimische Greifvogel. Das Weibchen ist kräftiger als das Männchen und hat eine Flügelspannweite von bis zu 2,5 m. Das Gewicht eines adulten Seeadlers beträgt 4 bis 5,5 kg. Die Flügelform wirkt brettartig, der kurze, keilförmige Schwanz ist bei geschlechtsreifen Altvögeln weiß, bei jüngeren Tieren zunächst noch dunkel. Kennzeichnend sind der helle Kopf, der mächtige gelbe Hakenschnabel und die mit starken Krallen versehenen, unbefiederten Greiffüße. Die riesigen, breiten, im Bug nicht gewinkelten Schwingen und der keilförmige Schwanz unterscheiden ihn von anderen Greifvogelarten deutlich. Im Flug werden Kopf und Schwanz etwas unter die Waagerechte gesenkt. Beim Kreisen fallen die brettartigen Flügel mit den gefingerten Handschwingen besonders ins Auge.
Adler im Jugendkleid sind immer dunkel gefärbt. Jungvögel haben einen um 2 bis 3 cm längeren Schwanz und auch längere Schwingen als die Altvögel. Sie brauchen diese größere tragende Fläche, um beim Fliegen das höhere Körpergewicht (bis 6,5 kg) auszugleichen. Die Jungen erreichen ihr "Normalgewicht" erst im Laufe des 1. Winters.
Außerhalb der Brutzeit ist der Seeadler meist stumm; äußert vor allem in Nestnähe ein lautes, gereihtes "klii klii klii klii...". Der Warnruf klingt tiefer und ist ein wenige Male wiederholtes "kleck, kleck, kleck...".

Die Geschlechtsreife wird mit dem Anlegen des Alterskleides erreicht, also im 4. Lebensjahr. Bei jüngeren Paaren kommt es häufig zu keinem erfolgreichen Brutverlauf. Die alten Seeadlerpaare halten das ganze Jahr über in Dauerehe zusammen.
Das Nest hat einen Durchmesser von über 2 m und wird in Schleswig-Holstein vorzugsweise auf alten Buchen errichtet, ansonst auch auf Eichen, Kiefern, Fichten und Pappeln. Die Nester befinden sich in der Regel in 20 bis 30 Metern Höhe. Dabei muss ein freier An- und Abflug gewährt sein. Die Bindung an das Nest ist das ganze Jahr über vorhanden.
Anfang März legt das Weibchen 1 bis 3 Eier. Der Legeabstand beträgt cirka 48 Stunden und nach etwa 38 Tagen Brutdauer schlüpfen die jungen Adler. Seeadlereier sind ziemlich rauhschalig, kalkweiß und ohne Fleckung. Die Eigröße beträgt im mittel 74,8 x 58,3 mm.
Nach etwa 12 Wochen sind die Jungen flügge und streifen zunächst weiträumig umher. Die geschlechtsreifen Vögel siedeln sich nach 3 bis 4 Jahren bevorzugt in der Nähe ihres Geburtsortes an. Die Jagdreviere in Schleswig-Holstein sind durchschnittlich etwa 60 km2 groß und im Winter noch deutlich größer.
Der Beuteflug ist ein schwerfällig anmutender Ruderflug. Er führt meist zu den nahegelegenen Binnenseen und Fischteichen. Der Seeadler sitzt hier stundenlang ruhig auf einer erhöhten Warte und hält nach Beutetieren Ausschau. Über einem erspähten Fisch rüttelt der Adler, stößt dann nieder, schwenkt noch mal ein und stößt schließlich mit angewinkelten Schwingen und vorgestreckten Fängen nach der Beute. Dabei fängt er bevorzugt Weißfische wie Brassen und Plötzen aber auch Hechte, Barsche und Karpfen. Von den Wasservögeln erbeutet er vorallem Bläßralle aber auch Graugänse, Stockente und Haubentaucher.
In freier Wildbahn können Seeadler bis zu 36 Jahre alt werden, in Gefangenschaft sogar über 40 Jahre. Das Durchschnittsalter der Brutvögel in Schleswig-Holstein beträgt ca. 11 Jahre.
Adulte Seeadler sind Standvögel; weite Wanderungen gibt es nicht. Sie verbringen den Winter im erweiterten Brutgebiet und verlassen diesen Raum nur in extremen Kältewintern. Die jungen Seeadler jedoch ziehen in den ersten zwei Jahren auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen großräumig umher.