Beringter Seeadler aus Schleswig-Holstein brütet im Alter von 37 Jahren erfolgreich in Dänemark (2022)
Am 15. Juni 2022 konnte Leif Keller am langjährigen Brutplatz am Haderslev Fjord in Dänemark einen adulten Seeadler fotografieren. Der Vogel trägt am rechten Fuß einen orangefarbenen Ring der Vogelwarte Helgoland und am linken Fang einen schmalen Farbring mit der Jahreskennung „schwarz über blau“ aus dem Geburtsjahr 1985.
„Im Jahr 1985 haben wir in Schleswig-Holstein nur vier junge Seeadler beringt und wir wissen, dass einer von diesen Vögeln bereits tot aufgefunden wurde und ein weiterer als Pflegevogel einem Zoo in Deutschland übergeben wurde. Somit muss der Seeadler vom Haderslev Fjord 1985 als Jungvogel im Revier Kletkamp/PLÖ oder am Wardersee im Kreis Segeberg von uns beringt worden sein, beides sind traditionelle Seeadlerbrutplätze“, so Bernd Struwe-Juhl von der Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig- Holstein.
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Seeadler mit dem Jahresring „schwarz über blau“ am linken Fuß aus dem Geburtsjahr 1985 und dem orangefarbenen Länderring am rechten Fuß. Foto: Leif Keller |
Damit setzt dieser Seeadler den bislang bekannten „Altersrekord“ unter den beringten wildlebenden Adlern. Die nachweislich ältesten Vögel in Schleswig-Holstein, alle bestimmt durch den Seeadler- Experten Thomas Neumann vom WWF Deutschland anhand der individuellen Mauserfederfunde in den Brutrevieren, erreichten ein Höchstalter von 36 Jahren. Der älteste bislang bekannte Ringvogel erreichte ein Alter von 34 Jahren und wurde 2016 tot an den Kasseteichen im Kreis Plön gefunden (s. Jahresbericht Projektgruppe Seeadlerschutz 2016). „Das Seeadlerweibchen mit den deutschen Farbringen von 1985 brütet hier seit 2005, als der Horst am Haderslev Fjord von uns entdeckt wurde“, so Ole Friis Larsen von der Seeadlerschutzgruppe im Dansk Ornithologisk Forening (DOF). „Seit 2006 zieht dieses Brutpaar in jedem Jahr ein bis zwei Küken auf“. Im Jahr 2022 wurde wiederum ein Jungadler flügge und somit gab es trotz des hohen Alters des Weibchens eine erfolgreiche Brut. Somit war dieses Seeadlerweibchen sehr reproduktiv und hat seit dem Jahr 2006 insgesamt 23 Junge großgezogen. Das Männchen des Paares ist ebenfalls ein deutscher Ringvogel mit dem codierten Farbring H610 und wurde 1998 an der Schlei bei Rieseby/SL als Nestling beringt.
www.ProjektgruppeSeeadlerschutz.de (2022)
Fischadler in Schleswig-Holstein (2017)
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Zwei der drei jungen in Schleswig-Holstein erbrüteten Fischadler konnten kurz nach dem Ausfliegen noch am Horst angetroffen worden (Foto: Wolfgang Buchhorn) |
Nachdem die Adler im April 2016 mit der Brut begonnen hatten, gaben diese aber nach rund 25 Tagen Brutdauer auf. Überraschender Weise errichteten die Vögel dann im Juli 2016 einen komplett neuen Naturhorst in der Nähe, wieder auf einer trockenen Kiefer. 2017 brütete das Fischadlerpaar dann in dem von ihnen selbst erbauten Kiefernhorst. Die Brut verlief erfolgreich und so flogen Mitte Juli drei junge Fischadler aus. Der Bruterfolg war nicht zuletzt dadurch sichergestellt worden, dass durch die zuständige Forstbehörde alle Zugänge zum Brutplatz gesperrt worden waren und der WWF an den Wochenenden mit einem hohen Besucheraufkommen das Brutgebiet mit freiwilligen Helfern bewachen ließ. Leider ist der gesamte Horstbaum während der Herbststürme in 2017 umgebrochen, so dass derzeit noch offen ist, wie es im kommenden Jahr an dem Brutplatz weitergehen wird. Die Anlage einer zusätzlichen Nistplattform ist in Zusammenarbeit zwischen dem zuständigen Revierförster und der Umweltstiftung WWF Deutschland geplant.
Thomas Neumann
Zur Situation des Fischadlers in Dänemark 2018
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Abb. 1: Fischadler im Ansitz (Foto: Tim Peukert) |
In Jahr 2018 wurden in Dänemark sechs Fischadlerhorste festgestellt, je zwei in Gribskov / Nordseeland und Klosterheden, sowie je einer in Midtjylland und in der Estvadgard Plantage. Wie im Vorjahr kamen acht Jungvögel zum Ausfliegen, und zwar alle in Jütland. Somit sind seit 2005 mindestens 56 junge Fischadler in Dänemark flügge geworden.
Ein neu entdeckter Horst in Gribskov wurde nicht besetzt. Dort hielt sich bis Ende Juni ein Männchen im Revier auf. Im alten Horst in Gribskov kam es ebenfalls nicht zu einer Brut. Mögliche Ursache könnten Revierstreitigkeiten gewesen zu sein, wie auf den Aufzeichnungen einer Webcam zu sehen ist.
Aus den Horsten in Midtjylland und Estvadgard Plantage flogen jeweils drei Jungvögel aus und aus dem alten Horst in Klosterheden zwei Junge. Das andere Paar in Klosterheden brach die Brut ab, da der Horst zum Teil abstürzte. Es handelte sich um ein neues Paar. Das Männchen (BTO Ring Nr. 1240 964) war 2015 als Nestling in einem Horst in Cors Dyfi/Wales/GB beringt worden. Er wurde zunächst als Weibchen, später durch DNA- Analyse als Männchen bestimmt. Nach ein paar Jahren in Afrika war es nach Europa zurückgekehrt, jedoch nicht nach Großbritannien sondern nach Dänemark. Soweit bekannt, ist es das erste Mal, dass ein britischer Fischadler in Dänemark gebrütet hat. Die Entfernung zwischen Geburtsort und Brutort beträgt rund 900 Kilometer.
Ferner wurden wieder übersommernde Fischadler beobachtet, was auf weitere Brutvorkommen in Dänemark hinweisen könnte. Aber trotz Nachsuche, unter anderem am Madum See in Nordjütland und am Valsolille See in Seeland wurden keine weiteren Horste gefunden.
Nach der Brutzeit erscheinen die ersten herumstreichenden Fischadler in Dänemark im Juli und die ersten Jungvögel im August. 2018 haben Satelliten-Beobachtungen an Fischadlern in Schweden gezeigt, dass die Weibchen als Erste nach Süden fliegen und zwar Anfang August, wenn die Jungvögel gerade flugfähig sind. Die Männchen und die Jungvögel folgen dann im August und September. Die Fischadler fliegen am Tag und ruhen in der Nacht. Durchschnittlich legen sie 250 km pro Tag zurück. Der Flug nach Süden dauert insgesamt circa 45 Tage mit 2-3 Wochen Rast unterwegs. Der Rückzug im Frühjahr verläuft deutlich schneller mit wenigen Zwischenstopps. Er dauert circa 26 Tage mit nur vier Tagen Zwischenrast. Die gleichen Vögel benutzen offenbar in jedem Jahr die gleichen Flugrouten.
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Abb. 2: Auf dem Heimzug zu ihren Brutgebieten in Skandinavien queren im Frühjahr viele Fischadler Deutschland und Dänemark in Richtung Norden. (Foto: Axel Horn) |
Am 18. September 2018 wurde in Klosterheden von Vagn Donskov ein Fischadler mit gelbem Ring fotografiert. Es handelte sich um einen finnischen Fischadler, der am 6. Juli 2018 in einem Horst in Pirkanmaa, nordwestlich von Helsinki beringt worden war und auf seinem ersten Flug nach Afrika rund 1.000 km bis Westjütland zurückgelegt hatte. Die Reiseroute der finnischen Fischadler verläuft normaler Weise nicht über Dänemark sondern über das Baltikum oder Russland.
Leif Novrup
Aus: Skelmose, K. & Larsen, O. F. (2019): DOF-Arsrapport 2018, Birdlife Danmark
(Übersetzung: Ilse Kollmann)
Zehn Seeadler in Dänemark mit GPS- Sendern ausgestattet
In einer Zusammenarbeit der Dänischen Ornithologen Vereinigung (DFO) mit dem Staatlichen Naturhistorischen Museum Kopenhagen wurden in Dänemark 10 junge Seeadler mit Satellitensendern versehen, die nachfolgend wertvolle Daten über ihre Positionen, Flughöhen und Fluggeschwindigkeiten lieferten.
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Abb. 1: Flugrouten der besenderten Seeadler in Dänemark zwischen 4. August und 12. Oktober 2018
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Im Juni 2017 wurden die ersten dänischen Jungvögel mit GPS-Sendern ausgestattet und zwar in der Nähe des Praesto Fjordes, des am dichtesten besiedelten Seeadlergebietes des Landes. Die beiden Geschwister „Gunhild“ und „Elna“ waren die ersten beiden Seeadler in dem Forschungsprojekt. „Gunhild“ hat circa zwei Jahre lang Informationen über Position, Flughöhe und Geschwindigkeit gesendet. Das geschah über ein Mobilnetzwerk mit einem 75 Gramm schweren Satelliten Sender. Der Seeadler „Elna“ starb leider im Februar 2018 an Vogelgrippe des Typs H5N6. Das war der erste Nachweis dieses Grippe-Typs in Dänemark.
Im nachfolgenden Jahr 2018 wurden acht weitere junge Seeadler im Laufe des Frühjahres mit GPS- Sendern ausgestattet, vier Männchen und vier Weibchen, sechs von ihnen lieferten ständig Daten für das Projekt. 2018 haben sich Seeadler in Kongelunden bei Kopenhagen-Amager, angesiedelt. Der Jungvogel „August“ aus dieser Neuansiedelung befand sich unter den acht besenderten Vögeln. Er ist seitdem im Land unterwegs, u.a. nach Langeland und entlang der großen Belt Breite. Auch die anderen Jungvögel sind weit umher geflogen und haben sich bereits kurz nach dem Ausfliegen weit vom Brutrevier der Eltern entfernt. Dies sagt viel aus über das Ausbreitungsverhalten der jungen Seeadler und erklärt deren Wiedereinwanderung und nachfolgend schnelle Ausbreitung in Dänemark. Zwei der in 2018 markierten Jungvögel sind bereits tot. Der Seeadler „Estrid“ aus dem Horst bei Skanderborg wurde einen Monat nach dem Ausfliegen tot aufgefunden, ohne abschließende Klärung der Todesursache. Der Seeadler „Ditte“ vom Hostrup See wurde im Juli 2018 tot in Romo aufgefunden. Die genaue Todesursache wird zur Zeit noch untersucht.
2018 haben drei dieser Seeadler die Grenze nach Deutschland überquert. Besonders der Seeadler „Eskild“ aus dem Horst von Skanderborg fühlt sich in den großen Flussgebieten Norddeutschlands wohl (s. Abb. 1).
Ende 2018 läuft die offizielle Förderung-Periode des Projektes GPS- Seeadler aus. Wir hoffen aber, dass wir das Projekt in den nächsten Jahren fortsetzen können, um mindestens zwei Adler pro Jahr besendern zu können.
Daniel Palm Eskildsen, & Anders P. Tottrup Aus: Skelmose, K. & Larsen. O.F (2019): DOF-Arsrapport 2018, Birdlife Danmark
(Übersetzung: Ilse Kollmann)
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Abb. 2: Seeadler mit Rucksacksender (Foto: Christian Willer) |
Brutbericht aus Schleswig-Holstein 2021
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Abb.1: Im Traditionshorst am Westensee wurden in diesem Jahr zwei junge Seeadler beringt. |
Die landesweite Erhebung wird alljährlich von der Projektgruppe Seeadlerschutz mit finanzieller Unterstützung durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) durchgeführt.
Bestandsentwicklung
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Abb. 2: Brutbestandentwicklung des Seeadlers in Schleswig-Holstein |
Im Jahr 2021 waren in Schleswig-Holstein 129 Seeadlerreviere besetzt (Abb. 2). Im Vergleich zum Vorjahr gab es sieben Neuansiedlungen (Sylt/NF, Pobüll/SL, Fockbek/RD, Rieseby/RD, Königsförde/RD, Sarlhusen/IZ und Tralau/OD), von denen drei Paare erfolgreich gebrütet haben. Insgesamt gab es 10 Revierpaare von denen zwar ein Neststandort bekannt geworden ist, die aber nach unseren Beobachtungen nicht mit einer Brut begonnen haben. Die Gründe für den ausbleibenden Brutbeginn sind vielfach nicht bekannt und in Einzelfällen durch den Tod eines der Brutpartner und eine nachfolgend neue Paarbindung erklärbar. Im Frühjahr 2021 begannen 119 Seeadlerpaare mit einer Brut, davon brüteten 83 Paare erfolgreich, so dass Ende Juni / Anfang Juli insgesamt 131 junge Seeadler flügge wurden. Die Verteilung der Jungenzahl pro Horst erbrachte für den Seeadler folgendes Bild: 3x 3, 42x 2 Jungvögel und 38x 1 Jungvogel. Bezogen auf die Anzahl der bekannten Brutpaare wurden 1,10 Junge pro Brutpaar flügge. Der Teilbruterfolg lag bei 1,58 Jungvögeln pro erfolgreichem Brutpaar. Diese Reproduktionswerte entsprechen den langjährigen Mittelwerten.
Verbreitung
Aufgrund der naturräumlichen Ausstattung liegt der Schwerpunkt der Seeadlerverbreitung in der gewässerreichen holsteinischen Jungmoränen-Landschaft (Abb. 3). In diesem Jahr gab es zwei Neuansiedlungen im Bereich der Westküste Schleswig-Holsteins, darunter die überraschende Ansiedlung auf der Nordseeinsel Sylt.
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Abb. 3: Brutverbreitung des Seeadlers in Schleswig-Holstein |
Mit finanzieller Unterstützung durch den WWF Deutschland konnten in diesem Jahr 29 junge Seeadler in den Horsten beringt werden. Durch die Erforschung ihrer Wanderwege und der Todesursachen können so wichtige Ergebnisse zum Schutze der Seeadler gewonnen werden. So wurde z.B. am 6. Juli 2021 durch unseren dänischen Kollegen Jesper Tofft ein beringter toter Seeadler am Hostrup See in Dänemark gefunden, der im Jahr 1993 als Jungvogel in einem Horst in Schleswig-Holstein beringt wurde. Dieser Seeadler hat in Dänemark viele Jahre erfolgreich gebrütet, ist nachweislich 28 Jahre alt geworden und hat knapp das maximal bekannte Höchstalter von 36 Jahren nicht erreicht. Damit wird deutlich, dass durch den Seeadlerschutz in Schleswig-Holstein, die Wiederausbreitung dieser Art in ehemals verwaiste Regionen und in unsere Nachbarländer gefördert wird.
Gefährdung und Schutz
Insgesamt waren 30 % der 119 Brutpaare erfolglos. Die Ursachen für Brutverluste sind vielfach unbekannt, aber in diesem Jahr waren Totalverluste der Brut in mindestens 12 Revieren durch den frühzeitigen Tod von Jungvögeln bedingt. Zwei von uns geborgene Jungvögel wurden im Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin auf die Todesursache hin untersucht. Ungünstige Nahrungsverhältnisse infolge der schlechten Witterung haben Anfang Mai 2021 zu dem Tod der beiden Jungadler geführt. Bei einem im Kreis Segeberg tot aufgefundenen Altvogel wurde durch das Landeslabor in Neumünster das Vogelgrippe Virus H5N8 nachgewiesen. Seeadler ernähren sich u.a. auch von Wasservögeln wie Enten und Gänsen, wodurch sie über die infizierten Nahrungstiere das Virus aufnehmen können.
Totfunde
Im Zeitraum vom 1. Januar bis 30. August 2021 wurden in Schleswig-Holstein 18 Seeadler tot auf gefunden. Darunter waren vier Vögel, die tot an Eisenbahnstrecken aufgefunden wurden, zudem kollidierte mindestens ein Vogel mit den Rotorblättern einer Windenergieanlage.
Kreis | Paare | Kreis | Paare |
PLÖ | 27 | SE | 10 |
RD | 21 | OD | 6 |
OH | 17 | HEI | 5 |
RZ | 12 | IZ | 5 |
NF | 12 | PI | 2 |
SL | 11 | HL | 1 |
Übersicht: Verteilung der 129 Seeadlerreviere auf die 12 Landkreise
Bernd Struwe-Juhl & Volker Latendorf
Projektgruppe Seeadlerschutz Schleswig-Holstein e.V.